Fast-Blamage am Millentor: St. Pauli verspielt den Bundesliga-Aufstieg
Siegtorschütze Marcus Marin wird verfolgt von Berlins Jan Wehrmann. (Foto: Witters)
Dass der FC St. Pauli diese Saison noch einmal ins Aufstiegsrennen eingreift, ist mehr als fraglich. Auch die Frage, ob diese Saison überhaupt zu Ende gespielt werden kann, ist momentan aufgrund der Corona-Pandemie nicht zu beantworten. Heute vor 26 Jahren steckte der FC St. Pauli dagegen mitten im Aufstiegsrennen. Am 2. April 1994 war der Tabellenletzte TeBe Berlin zu Gast, ein Sieg sollte also nur Formsache sein.
Bereits in der Vorwoche hat der FC St. Pauli wichtige Punkte im Aufstiegsrennen vergeigt. Bei den auf Platz 19 um den Klassenerhalt bangenden Stuttgarter Kickers kam der Kiezklub nicht über ein 1:1 hinaus, umso wichtiger ist ein Heimsieg gegen Schlusslicht TeBe Berlin. Doch die Fans müssen eine Halbzeit lang warten, bis etwas Zählbares auf die Anzeigetafel kommt. St. Pauli schafft es nicht, die qualitative Überlegenheit in Tore umzumünzen – und quasi mit dem Halbzeitpfiff schockt Mikhail Rusjajev das Publikum im Millerntorstadion.
TeBe geht mit einer 1:0-Führung in die Pause. In der Live-Tabelle befindet sich St. Pauli nach der ersten Hälfte des 26. Spieltages auf Platz vier. Verfolger 1860 München hat bereits vorgelegt und 2:0 gegen Mitkonkurrent 1. FC Saarbrücken gewinnen können. Somit ziehen die Münchener an der Truppe von Seppo Eichkorn vorbei. Allerdings haben die Kiezkicker auch noch ein Nachholspiel gegen Hansa Rostock in der Hinterhand.
Trotzdem darf sich die Mannschaft mit Aufstiegsambitionen keinen weiteren Ausrutscher zu Hause gegen ein Kellerkind leisten. Auch im zweiten Durchgang tun sich die Gastgeber schwer gegen tapfer verteidigende Berliner. Es dauert bis zur 67. Minute, dann fällt der erlösende Ausgleich: Martin Driller vollendet zum 1:1. Jetzt wollen die Hausherren mehr und erhöht den Druck – und das zahlt sich aus. Marcus Marin schießt St. Pauli zehn Minuten vor Schluss in Führung. Die Kiezkicker stehen wieder auf Platz drei. Nach einer durchwachsenen Hinrunde hat sich St. Pauli nun wieder eine gute Position erarbeitet, um sich ernsthafte Hoffnungen auf einen Aufstieg zu machen.
Da unter anderem das Nachholspiel gegen Rostock gewonnen werden kann, setzt sich der Aufwärtstrend fort. Niederlagen am 32. und 33. Spieltag lassen den Kiezklub auf Rang drei abrutschen. Bis zum 36. Spieltag kann man diesen halten, dann folgt eine folgenschwere Niederlage gegen Hertha BSC. Vor dem letzten Spieltag sind St. Pauli und 1860 München punktgleich. Lediglich das um fünf Tore bessere Torverhältnis der Süddeutschen trennt die beiden Teams. Bochum und Uerdingen stehen bereits als Aufsteiger fest. Im Fernduell streiten sich 1860 und St. Pauli um den verbleibenden Platz.
Die Hamburger gehen mit einem starken 4:1-Erfolg über Waldhof Mannheim im Rücken in das Spiel gegen Wolfsburg. Die Münchener treten beim SV Meppen an. Bereits nach drei Minuten führen die Löwen in Meppen und St. Pauli schafft es nicht, ihrerseits nachzuziehen. Wolfsburg geht in der 15. Minute in Führung und legt kurz vor der Pause nach. Die Aufstiegsträume platzen endgültig, als direkt mit Wiederanpfiff das 3:0 fällt – zwar kann Marcus Marin noch per Elfmeter verkürzen, aber München zeigt im Parallelspiel keine Nerven und bringt den 1:0-Sieg über die Zeit. St. Pauli kassiert in der 72. Minute sogar noch einen vierten Treffer.
Die Niederlage bedeutet nicht nur den verpassten Aufstieg, sondern auch das Ende für Trainer Seppo Eichkorn, der nach einem Streit mit Manager Jürgen Wähling in der Sommerpause entlassen wird. Uli Maslo übernimmt zur neuen Saison und führt den Kiezklub in einem dramatischen Saisonendspurt tatsächlich zum Aufstieg in die Bundesliga. St. Pauli muss erneut bis zum letzten Spieltag zittern. Ein Sieg über den FC 08 Homburg sichert den Aufstieg, als Vierter verpasst dafür dieses Mal der VfL Wolfsburg den Aufstieg. Eine späte Revanche ist also gelungen. (mab)
Aufstellung St. Pauli: Andreas Reinke – Dirk Dammann, Bernd Hollerbach, Leo Manzi, Dieter Schlindwein – Jürgen Gronau, Andreas Mayer, Carsten Pröpper, Dirk Zander – Martin Driller, Marcus Marin